ComicHunters:
Möchtest Du Dich erst einmal vorstellen?
Boris Mihajlovic:
Ich heiße Boris Mihajlovic, Baujahr 82, freischaffender Künstler, Rechtshänder, Single, … was? Das ist keine Kontaktbörse?! Warum soll ich mich denn dann vorstellen? So was muss man mir doch sagen. Wie stehe ich denn jetzt da?! … Ach so, und ich mache auch Comics.
ComicHunters:
Wie bist Du zu Comics gekommen?
Boris:
Lass mich überlegen. Wenn ich mich richtig erinnere, war das 1992. Ich kam in die fünfte Klasse und lernte dieses nette sehbehinderte Mädchen kennen. Sie saß immer in der ersten Reihe und las in der Pause diese alten „Junge Giganten“ und „Gerechtigkeitsliga“ Ehapa Comics. Und sie hat gezeichnet. Ich war so beeindruckt. Ich habe mich zu ihr gesetzt, wir haben ein wenig miteinander gesprochen und uns angefreundet. Von da an brachte sie mir regelmäßig Comics mit. Sie wurde meine beste Freundin und wir waren unzertrennlich. Wir haben sogar angefangen ein gemeinsames Comic zu zeichnen. Stundenlang saßen wir bei ihr zu Hause in ihrem Zimmer und haben skizziert, uns Geschichten überlegt und Comics gelesen. Sie hat mich das erste Mal nach Erlangen mitgenommen als ich 13 war und mich mehr oder weniger in die große weite Welt der Comics eingeführt.
ComicHunters:
Was sind Deine persönlichen Lieblingsgenres?
Boris:
Das ist schwer zu sagen. Ich war schon immer ein großer Fan von der Mythologie alter Kulturen. Griechen, Ägypter, die nordischen Sagen … Genauso begeistert mich aber auch vieles Sci-Fi-mäßige. Weltraum, andere Planeten und neue Lebensformen entdecken, die Gefahren die dort lauern und all die unentdeckte Schönheit, die man sich kaum auszudenken vermag.
… wenn man das also genau betrachtet, mag ich Reiseführer?!
ComicHunters:
Welches war der Punkt wo Du Dir gesagt hast "Jetzt mache ich mein eigenes Comic."?
Boris:
Das hat bereits sehr früh angefangen. In der sechsten Klasse mit meiner besten Freundin.
Meine Mutter würde jetzt zwar behaupten, dass das schon früher angefangen hat, aber ich denke das war das erste Mal wo ich bewusst etwas auf die Beine stellen wollte. Nach ungefähr sieben Seiten ist uns aber der Stoff ausgegangen, die Origin* war erzählt und das Monster war tot. Also haben wir dann doch lieber nur Comics gelesen.
Vor einigen Jahren haben wir zusammen angefangen einen Online-Comic namens „GODS“ zu zeichnen, der es aber nicht sehr weit gebracht hat. Die Augenkrankheit meiner besten Freundin wurde schlimmer, und sie konnte nicht mehr weiter zeichnen.
Ich habe es mit einem zweiten Online-Comic namens „Annunaki“ alleine versucht, aber wie es so ist, wenn man das erste Mal alleine arbeitet. Man verheddert sich in Ungereimtheiten und Logik-Löchern, die Geschichte gefiel mir irgendwann nicht mehr und das Projekt starb einen stillen Tod.
ComicHunters:
Bisher hast Du mit Deinem Partner Sebastian Müllerwerth zwei Comics auf die Beine gestellt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Boris:
Sebastian hat mir eines Tages eine private Nachricht über ein Forum geschickt und mich gefragt, ob ich Lust hätte gegen Bezahlung für ihn und einen Freund ein Drehbuch in einen Comic zu übersetzen. Er hat ein paar Bilder, die ich in dem Forum gepostet hatte, gesehen und hat mich einfach mal angeschrieben. Ich glaube nicht, dass er sich wirklich etwas davon versprochen hat, aber ich hatte Blut geleckt.
ComicHunters:
Euer Comiclabel hört auf den Namen MadTHings Productions. Gibt oder gab es Gründe für diese Namensgebung?
Boris:
Ja, die gibt es. Wir haben lange überlegt, viele Optionen hin und her jongliert. Da DC und Marvel bereits vergeben waren haben wir uns eben auf MadTHings Productions geeinigt.
Nein, Spaß beiseite. Da Sebastian damals der Geldgeber war, haben wir aus seinem Nachnamen, Müllerwerth, die MTH Productions gemacht. MTH klang aber nicht sonderlich vielsagend, also wurde daraus MadTHings.
ComicHunters:
Mit Eurem Erstlingswerk „In Z*ppa We Trust“ habt Ihr Euch auch gleich an etwas ganz großes herangewagt. Hattet Ihr Angst das trotz der kleinen Änderung am Namen es vielleicht Ärger geben könnte, da dies eine offensichtliche Hommage an Frank Zappa ist?
Boris:
Oh ja, ich habe Sebastian mehrfach die Ohren voll gejammert. Wenn du ihn jetzt fragen würdest, er würde es ohne zu zögern bestätigen. Ich bin da eher der Übervorsichtige, der nach mindestens 5-10 anderen Titeln gesucht hat. Aber Jens, der Co-Autor, studierte zu dem Zeitpunkt Jura. Beide haben sich schlau gemacht und mich überzeugt.
ComicHunters:
Wie kam es zu der Idee und der Entstehung von „In Z*ppa We Trust“?
Boris:
Ursprünglich sollte das ganze als Kurzfilm mit einem Freund von Sebastian umgesetzt werden, doch der sprang kurzfristig ab. Ohne den Kameramann gab es verständlicherweise keinen Film. Sebastian und Jens, der zweite Autor von „In Z*ppa We Trust“, haben die Geschichte dann weiter gesponnen bis es eigentlich nicht mehr anders ging, als die Geschichte in Comicform zu bringen.
Wir haben uns also persönlich getroffen, uns über das Drehbuch unterhalten und sind der Meinung gewesen „das passt von der Chemie her“.
Der Rest ist Geschichte. Erlangen 2008 kam „In Z*ppa We Trust“ raus (damals noch als Teil der SplashEdition!), 2010 folgte „Wahre Helden Vol.1“ unter unserem eigenen Label.
ComicHunters:
Wird es weitere Abenteuer von Joe und Dude geben?
Boris:
Wir haben tatsächlich mit dem Gedanken gespielt. Sie würden allerdings eher eine Nebenrolle in der Fortsetzung einnehmen. Es steht noch nichts Genaues fest.
Vielleicht.
ComicHunters:
„In Z*ppa We Trust“ enthielt schon ein wenig Superheldenelemente. Mit „Wahre Helden“ seid Ihr nun einen Schritt weiter gegangen und habt eine fast schon klassische Superheldengeschichte geschaffen, der es auch nicht an Humor fehlt. Was waren Eure Beweggründe sich dem Übergenre der Superhelden anzunehmen?
Boris:
Superhelden haben mich zu den Comics gebracht. Darum wollte ich unbedingt als nächstes Projekt eine Superheldengeschichte machen. Sebastian war da eher skeptisch, aber nach ein paar Wochen kam er mit tollen Ideen an. Er erzählte mir davon die Superhelden mittels einer Zeitarbeitsagentur nach Australien zu verfrachten. Ausgerechnet Australien, dort wo nie etwas passiert. Ans Ende der Welt. Der Weltuntergang startet immer in den USA. Alle Invasionen starten in den USA. Die guten Schurken sitzen doch alle in den USA. Monster kommen doch alle aus … Japan? Naja. Und so nahm das ganze dann Gestalt an.
ComicHunters:
„Wahre Helden“ trägt nun schon ein Vol. 1 auf dem Titel. Man kann also damit rechnen, dass es mit Atlas, Consience, Hound und Rubba Bubba weitergeht?
Boris:
Und Zelly. Wir wollen die einzige Dame des Teams doch nicht vergessen.
Ich bin zur Zeit damit beschäftigt Episode 4 fertig zu zeichnen, die wir (diesmal in Farbe und in Heftform) 2012 in Erlangen veröffentlichen wollen. Es wird also Nachschub geben.
Ich reise dieses Jahr sogar extra noch nach Australien um vor Ort Recherchen durchzuführen für die folgenden Hefte.
ComicHunters:
Bisher hast Du Comics vorrangig in Schwarz/Weiß veröffentlicht. Liegt dies nur an den Produktionskosten, oder gab es noch andere Faktoren, die diese Entscheidung mit beeinflusst haben?
Boris:
Es liegt tatsächlich zum größten Teil an den Produktionskosten. Aber auch andere Faktoren, wie die Tatsache, dass ich beide Projekte von jeweils knapp 160 Seiten fast komplett alleine gestemmt habe. Keine Hilfe von einem Inker oder Koloristen. Bei Wahre Helden hatten wir das Glück noch eine Kurzgeschichte von Sarah Barczyk (einigen Leuten bekannt als JollyRotten) beigesteuert zu bekommen.
Da kann eine Deadline schon recht schnell kommen. Kolorieren nimmt einfach sehr viel Zeit in Anspruch und die hat einfach gefehlt. Auch so mussten die Feiertage immer schon daran glauben.
ComicHunters:
Anders als andere neue Künstler habt Ihr nicht mit Heften als Veröffentlichungsform begonnen, sondern habt Euch gleich für die Paperbackvariante entschieden. Gab es einen Grund dafür es nicht als Heftreihe zu versuchen?
Boris:
Es gab mehrere Gründe. Neue Figuren bringt man nur schwierig an den Mann. Da muss schon eine vernünftige Geschichte dahinter stehen.
Bei „Wahre Helden“ war es eine bewusste Entscheidung. Wir hatten viele Kurzgeschichten, die aufeinander angespielt haben und die man anders nicht hätte bringen können.
Außerdem habe ich die persönliche Erfahrung gemacht, dass einem die Figuren schneller ans Herz wachsen, wenn man mehrere Geschichten von ihnen lesen kann. Ich habe einige Paperbacks zu Hause stehen, die ich mir in Heftform so wohl nicht geholt hätte, die ich jetzt aber nicht missen möchte. Jetzt sind die Figuren etabliert. Jetzt machen wir mit Heften weiter.
„In Z*ppa We Trust“ war aufgrund der Art der Geschichte nicht anders umzusetzen. Es war ein Drehbuch. Die Spannung und Action beginnt ca. nach dem ersten Drittel der Geschichte. Alles davor diente dazu die Welt, in der die Geschichte stattfindet, vorzustellen und die Charaktere an die richtige Position zu führen. Und ich behaupte mal, wir haben das wirklich echt gut hinbekommen. … sag mal, riechst du das auch? …
ComicHunters:
Welche Künstler haben Dich besonders beeinflusst bzw. sind Deine Vorbilder?
Boris:
Besonders geprägt hat mich zu Beginn meiner Comicsammel und -lese Phase Dan Jurgens. Seine „Teen Titans“, die damals in den Dino „JLA“ Heften abgedruckt waren, haben mich schwer beeindruckt. Neben George Perez war er damals mein Lieblingszeichner. Später kamen Künstler wie Phil Jimenez, Ivan Reis und Steve Epting dazu, bei deren Zeichnungen ich mir immer wieder denke „Wow. Wahnsinn.“
ComicHunters:
Was für Literatur liegt auf Deinem Nachttisch?
Boris:
Zurzeit habe ich mehrere Sachen auf meinem Nachttisch liegen, komme nur leider nicht dazu die Sachen zu lesen.
Ich habe im Moment mal wieder mit „Queen & Country“ von Greg Rucka angefangen, dann liegen da noch zwei Romane von Thomas Thiemeyer und Andreas Wilhelm, sowie „The House of God“ von Samuel Shem.
ComicHunters:
Was war Deine außergewöhnlichste Fan-Erfahrung?
Boris:
Ich würde es nicht Fan Erfahrung nennen, aber ich hatte zwei wirklich bizarre Erlebnisse.
In Erlangen kam 2008 ein extrem alkoholisierter Jugendlicher an unseren Stand und wollte von mir eine (ich zitiere) „nackte Manga Schlampe“ (Zitat Ende) gezeichnet haben. Als ich ihm gesagt habe, dass ich so was leider nicht mache ist er davon geschwankt.
Und erst vor wenigen Tagen habe ich in Bamberg eine Signierstunde gehabt und wurde dort von einem verwirrten älteren Herrn ange… na ja, sprechen kann man hier nicht wirklich sagen. Er hat mich angenuschelt und versucht mit mir Englisch zu sprechen und sich lustig gemacht, dass ich zu Treppen „stairs“ anstatt „trepp“ (whaaaaaat?????) gesagt habe und mich mehrmals betätschelt. Das war eine extrem unangenehme Situation.
ComicHunters:
Was wäre ein Projekt welches Dich reizen könnte?
Boris:
Bei MadTHings haben wir uns bisher ausschließlich dem spaßigen Element gewidmet, was mir auch sehr gefällt. Aber ich denke, ich hätte sehr große Lust auch einmal ein ernsteres Thema umzusetzen. Ich spiele mit dem Gedanken einen autobiographischen Comic zu machen. Eine Idee dazu habe ich bereits, das Projekt ist allerdings noch lange nicht spruchreif.
Mal sehen.
ComicHunters:
Gibt es noch etwas was Du den Lesern von „In Z*ppa We Trust“ und „Wahre Helden“ mit auf den Weg geben möchtest?
Boris:
Danke für den Kauf der Bände. Ihr seid der Grund, warum es uns gibt und wir das machen.
Und falls ich darf, jetzt noch ein wenig Werbung in eigener Sache:
Nächstes Jahr zum Comicsalon in Erlangen erscheint neben Wahre Helden Episode 4 noch ein weiteres Produkt unter dem MadTHings Productions Label. Die hochtalentierte Sarah Barczyk erweckt den sympathischen, Heavy-Metal-liebenden, Alkohol in rauen Mengen vertilgenden Wacköntroll zum Leben. Freut euch auf einen weiteren unterhaltsamen Comic aus dem Hause MadTHings Productions.
Schaut doch auch immer wieder mal auf unserer Homepage http://www.inzappawetrust.de vorbei, um euch über Signiertermine zu informieren oder in unserem Online-Shop Comics und T-Shirts zu bestellen.
Vielen Dank an Boris Mihajlovic für dieses Interview.
„In Z*ppa We Trust“ und „Wahre Helden“ sind über den Online-Shop von MadTHings Production erhältlich.
*Origin: Die Entstehungsgeschichte einer Comicfigur.
Das Interview führte Thomas "Mueli77" Mülbradt.
